Immer mehr Spieler fordern von Online Casinos Geld zurück. Von der Klagewelle sind alle Casinos betroffen, darunter Größen wie Pokerstars, Tipico, Interwetten und Bwin. Im Internet werben zahlreiche Kanzleien mit Online Casino Klagen und versprechen die Rückholung aller Verluste. Dabei reiht sich eine Erfolgsmeldung an die nächste. Hier erhält ein Spieler 13.000€ zurück, dort ein anderer 48.000€. Das klingt immer noch für viele Spieler zu gut um wahr zu sein - schließlich gehen die meisten davon aus, dass die Verluste auf eigenem Verschulden beruhen und "schon so in Ordnung" gehen. Die Werbung suggeriert, dass eine Online Casino Rückforderung auch noch ganz einfach ist. Aber ist das alles wirklich so einfach wie es zunächst klingt? Hier informieren wir Sie mehr über die derzeit (Stand: Mai 2023) größten Herausforderungen und wagen am Ende auch einen Ausblick.
Juristisch war Glücksspiel im Internet bis zum 1. Juli 2021 in Deutschland grundsätzlich illegal. Eine Bewerbung um eine Lizenz war nicht möglich. Erst seit dem 1. Juli 2021 können sich Casinos um eine offizielle Lizenz bewerben. Das haben die allermeisten aber nicht getan, sodass die meisten Online Casino Angebote nach wie vor illegal sind (Stand: Mai 2023). Verträge über illegale Waren oder Dienstleistungen sind nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) nichtig, d.h. unwirksam. Und bei unwirksamen Verträgen kann jede Seite zurückfordern was sie in den Vertrag investiert hat - mit anderen Worten haben Spieler Anspruch auf die Rückerstattung ihrer Verluste. Das ist die Auffassung der weit überwiegenden Zahl der deutschen Gerichte, welche Online Casinos regelmäßig zur Rückzahlung verurteilen. In unserem Artikel zur aktuellen Rechtsprechung gehen wir näher auf die Urteile ein. Juristisch stehen die Chancen also sehr gut, eine Klage gegen jedes Casino zu gewinnen. Die Probleme bei Online Casino Klagen sind eher praktischer Natur.
Im ersten Schritt einer Online Casino Klage muss der Spieler beim Casino eine Datenauskunft anfordern (hier gelangen Sie zur Textvorlage). Die allermeisten Casinos stellen diese Daten auch zur Verfügung - die drohenden finanziellen Konsequenzen aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) sind schlicht zu schwerwiegend. Aber teilweise erhalten Spieler die angeforderten Übersichten nicht. Gegen diese Casinos wird derzeit ein Vorgehen nach der DSGVO geprüft, was allerdings noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Spielverluste können letztlich aber auch durch eigene Kontoauszüge des Bankkontos nachgewiesen werden. Auch bei den auskunftswilligen Casinos dauert es teilweise mehrere Wochen bis die Übersichten eintreffen. Hier ist Geduld gefragt und teilweise wiederholtes Nachfragen.
Um ein Verfahren nach der deutschen Zivilprozessordnung (ZPO) offiziell beginnen zu können, muss die Klage gegen das Casino zunächst ordnungsgemäß zugestellt werden. Das heißt man muss sicherstellen, dass die Klage auch tatsächlich im Briefkasten landet und den Verantwortlichen zur Kenntnis kommt. Bei den Betreibern von Online Casinos handelt es sich in der Regel um Unternehmen, welche ihren Unternehmenssitz auf Malta, Zypern oder Curaçao haben. Eine gerichtliche Zustellung ist innerhalb Deutschlands in der Regel kein Problem - auf den genannten Inseln aber teilweise schon. Kann eine Klage daher nicht zugestellt werden, kann das Verfahren auch nicht offiziell beginnen.
Weigert sich ein Schuldner in Deutschland gerichtlich festgestellte Ansprüche zu bezahlen, muss er fürchten, dass sein Konto oder Vermögen gepfändet wird. Dies ist bei Briefkastenfirmen in Übersee allerdings nicht so einfach. Weigert sich ein Casino nach einem Gerichtsurteil zu bezahlen, muss das Urteil in einem Vollstreckungsverfahren auf Malta durchgesetzt werden. Hierzu stehen wir bereits mit maltesischen Rechtsanwälten in Kontakt. Allerdings sind solche Verfahren kosten- und zeitintensiv. Deshalb raten wir zum jetzigen Zeitpunkt von Klagen gegen Casinos ab, bei welchen es Probleme bei der Durchsetzung der Ansprüche gibt. Bleiben die Casinos bei ihrer Weigerungshaltung, müssen sie fürchten, dass sie keine offizielle deutsche Lizenz erhalten und sich die Zukunft auf dem deutschen Markt verwirken. Es ist daher zu erwarten, dass einige "Problem-Casinos" künftig die Urteile deutscher Gerichte befolgen werden.
Bislang (Stand: Mai 2023) sind drei Online Casino Betreibergesellschaften in die Insolvenz gegangen. Um genau zu sein handelt es sich um Wunderino/Hyperino, Drückglück und Bet At Home. In diesen Fällen wird für Spieler voraussichtlich nichts mehr zu holen sein. Die neuen Betreibergesellschaften dieser Plattformen (die nach wie vor fortbestehen) verfügen allerdings immer noch nicht über offizielle Lizenzen, sodass auch dort die jüngsten Verluste zurückgefordert werden können. Ob und welche Casinos diesen Beispielen folgen könnten, ist nicht absehbar. Grundsätzlich ist eine Flucht in die Insolvenz aber nicht so einfach.
Im Falle einer Privatinsolvenz ist eine Rückforderung nicht möglich.
Wenn Ihre Spieltätigkeit nicht hauptsächlich von Deutschland aus stattgefunden hat, wird eine Rückforderung leider nicht möglich sein. Kurzfristige Auslandsaufenthalte sind kein Problem. Haben Sie ihren Wohnort in Österreich oder der Schweiz empfehlen wir Ihnen, dass Sie sich im Internet informieren oder bei Rechtsanwälten beraten lassen. Wir können nur Spieler mit gemeldetem Wohnort in Deutschland beraten und vertreten.
In Schleswig-Holstein galt eine Sonderregelung des Glücksspielstaatsvertrages und Online Casinos konnten sich dort um eine offizielle Lizenz bewerben. Allerdings hatten die meisten Online Casinos auch für Schleswig-Holstein keine offizielle Lizenz, sodass auch dort Rückforderungen möglich sind.
Liegt Ihr Verlust beim Online Casino unter 5.000€ pro Casino dürfte sich ein Vorgehen nicht für Sie lohnen. Eine Prozessfinanzierung - in diesem Fall bezahlt ein Finanzierer das gesamte Verfahren und erhält dafür 37% der Rückforderung - ist erst ab einem Verlust von 10.000€ pro Casino möglich. Ist der Verlust geringer, beraten wir Sie gerne zu den Kosten bei einer Selbstzahlung.
Auch für das Anbieten von Sportwetten hatten die meisten Anbieter lange Zeit keine Lizenz. Erste Lizenzen wurden erst im Oktober 2020 verteilt, sodass vorherige Verluste grundsätzlich auch zurückgefordert werden können. Allerdings steht die Rechtsprechung hier noch relativ am Anfang, sodass zum Beispiel auch noch keine Prozessfinanzierung möglich. Gerne beraten wir Sie zu den Möglichkeiten und den Kosten bei einer Selbstzahlung.
Die derzeitigen Probleme betreffen sowohl Online Casinos auf Zypern und Curaçao als auch auf Malta. Eine Auflistung wäre hier nicht hilfreich, weil die Risiko-Bewertung der Klagen relativ dynamisch ist und sich regelmäßig ändert. Grundsätzlich ist zum jetzigen Zeitpunkt noch von Klagen gegen Casinos auf Zypern und Curaçao abzuraten. Hier gibt es zwar bereits erste Urteile, allerdings ist nicht absehbar, ob und welche Probleme es bei der Durchsetzung der Ansprüche gibt. Auch gegen einige Malta-Casinos kann derzeit noch nicht vorgegangen werden.
In zahlreicher Hinsicht stehen die Chancen gut, dass Klagen bald gegen noch mehr Casinos möglich sein werden - es gibt daher auch bei den jetzigen Problemfällen Grund zur Hoffnung. Aus juristischer Sicht muss eine Klage nicht so schnell wie möglich erfolgen. Eine Verjährung droht aktuell nämlich nicht und Spieler könnten ihre Ansprüche noch mindestens innerhalb der nächsten drei Jahre durchsetzen. Daher empfiehlt es sich bei allen "Problem-Casinos" noch ein wenig abzuwarten und die Lage zu beobachten. Es ist wenig hilfreich und sinnvoll eine Online Casino Klage zu überstürzen. Ob in Ihrem Fall eine Klage derzeit empfehlenswert ist oder nicht, können wir gerne im Rahmen unserer kostenlosen Erstberatung besprechen.
ts